2. Kasseler Jugendsymposion vom 3. bis 6. Juni 2010 - Geld regiert die Welt?

Kassel, 6. Juni 2010. Von 3. bis 6. Juni 2010 fand das zweite Kasseler Jugendsymposion statt, das vom Lehrerseminar für Waldorfpädagogik Kassel und dem Bund der Freien Waldorfschulen veran­staltet wurde. Im Mittelpunkt stand das Thema Geld. Laut Michael Zech vom Kasseler Lehrersemi­nar soll mit den Symposien ein Akzent gegen das drohende Ohnmachtsgefühl, gegen Rückzug, Gleich­gültigkeit und Politikverdrossenheit der Jugendlichen gesetzt werden. Gerade was das Thema Geld angehe, sollten an die Stelle diffuser Eindrücke klare Erkenntnisse treten.

Das Konzept der Symposien zielt darauf ab, Schüler mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Po­litik und Kultur in einen Dialog zu bringen, um an den zentralen und brisanten Themen der Zeit zu arbeiten.

„Wer den Euro abwickeln will, der wickelt auch den europäischen Einigungsprozess ab“, stellte der ehemalige Finanzminister Hans Eichel klar, als er mit den Schülern über Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrise sprach. Er verteidigte die gemeinsame Währung und verdeutlichte, dass es Spekulanten gebe, denen der Euro nicht passe. Das 21. Jahrhundert sei auf Zusammenarbeit ausgerichtet, der Rückzug „hinter den nationalen Gartenzaun“ helfe nicht.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Silja Graupe skizzierte das Phänomen Geld als eine „heimliche Macht“; Geld sei ein so selbstverständlicher Bestandteil des Alltags, dass man darüber nicht nach­denke. „Die Eliten vermitteln uns da wenig Perspektiven“, so Graupe im Hinblick auf die Eurokrise. Daher müsse es darum gehen, die Funktionen von Geld nachvollziehbar und durchschaubar zu ma­chen.

Der Finanzmarktkorrespondent der ZEIT, Mark Schieritz, skizzierte die geschichtliche Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrisen im 20. und 21. Jahrhunderts und stellte den Staat als „Repara­tur­betrieb des Kapitalismus“ dar.

Thomas Losse-Müller, (GTZ, Finanzexperte bei den „Grünen“) überraschte die Schüler mit Ergeb­nissen zum Thema Geld in Afrika. Je mehr Finanzsektorentwicklung es in einem Land gebe, umso geringer sei die Armut. Dabei gehe es vor allem um Vertrauen, denn in Afrika sei genug Geld vor­handen, die Geldbesitzer vertrauten aber nicht den potentiellen Kreditnehmern, so dass das Kapital ins Ausland fließe.

Einen anderen Fokus bekam die Veranstaltung, als Eva Schneeweiß, die Pressereferentin der GLS, das auf Transparenz und Nachhaltigkeit ausgerichtete Konzept der Bank vorstellte, die damit Vor­reiterin und Vorbild für zahlreiche Geldinstitute geworden ist. Indem die Bank ihren Kunden Geld­anlage und Kreditwesen nachvollziehbar macht, kehrt sie, wie Harald Spehl, Prof. emerit.,  erläu­terte, einerseits zu ihrem Kerngeschäft zurück und befähigt andererseits den Kunden, auf der Basis von Mitverant­wortung konkrete Entscheidungen zu treffen.

Christian Felber, Gründungsmitglied und Sprecher von ATTAC Österreich, schloss den Bogen der Re­ferate, indem er zunächst nachzeichnete, wie im letzten Drittel des 20.Jahrhunderts das Banken- und Finanzsystem von der Realwirtschaft entkoppelt und auf Gewinnmaximierung ausgerichtet wurde. Dem setzte er die Vision einer auf Gemeinwohl, Kommunikation und Mitmenschlichkeit be­gründeten demokratischen Ökonomie entgegen.

Zum 2.Kasseler Jugendsymposion kamen rund 200 Waldorfschüler aus dem gesamten Bundesge­biet. In Plenarvorträgen und Seminaren wurden unter dem Oberthema GELD Aspekte wie Globali­sierung, Armut und Reichtum, Geldanlage, Projektfinanzierung, Haushaltspolitik, Finanz- und Wirtschafts­krise bearbeitet. In Trainingskursen wurden Fähigkeiten erübt – vom Textlabor über Prüfungspräsenz, Ausbildung des Denkens bis zu Stil- und Umgangsformen.

Die Kasseler Jugendsymposien

Die Kasseler Jugendsymposien sind als eine Zukunftswerkstatt der Waldorfschulen angelegt, in der Schülerinnen und Schüler mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur in Dialog treten. Für Schüler, die sich besonders engagieren und über den Schulstoff hinaus an aktuellen Zeit­fragen arbeiten möchten, wird mit den Symposien ein neues Forum geschaffen, das sich an den Elementen klassischer Begabtenförderung orientiert: Die wichtigsten Auswahlkriterien für die Teil­nahme sind neben schulischen Leistungen vor allem Engagement und der Wille, über den eige­nen Tellerrand hinauszublicken. Gemeinsam mit Experten sollen Visionen für eine nachhaltige Zu­kunft entwickelt werden. Erklärtes Ziel des Symposions ist es, an den zentralen und brisanten The­men der Zeit zu arbeiten und Jugendliche in ihrer zivilen Verantwortung zu bestärken.


Über den Bund der Freien Waldorfschulen e.V.

Die deutschen Waldorfschulen haben sich zu einem Bund der Freien Waldorfschulen e.V. mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen. Die fö­derative Vereinigung lässt die Autonomie der einzelnen Waldorfschule unangetastet, nimmt aber gemeinsame Aufgaben und Interessen wahr. Korporative Mitglieder sind derzeit 219 Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen sowie elf Seminare/Hochschulen für Waldorfpädagogik. Daneben gibt es rund 1.900 persönliche Mitglieder.
Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart eröffnet. Nach 90 Jahren Waldorfpädagogik gibt es heute weltweit über 1.000 Waldorfschu­len sowie 2.000 Kindergärten und Förder-Einrichtungen in allen Erdteilen, darunter auch in Israel, Südafrika und Ostasien.

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