Bund der Freien Waldorfschulen sieht Lehrerbildung als große Zukunftsaufgabe

Stuttgart, 22.11.2011/CU. Die Versorgung der jetzt 227 deutschen Waldorfschulen mit gut ausgebildeten Lehrern ist eine der zentralen Aufgaben der Waldorfschul­bewegung in den nächsten Jahren. Dies wurde auf der Mitgliederversammlung des Bundes der Freien Waldorfschulen (BdFWS) am Wochenende in Stuttgart deutlich. 280 Mitglieder aus ganz Deutschland hatten sich in Stuttgart eingefun­den, um erste Weichenstellungen für die Zukunft hinsichtlich Organisation und Finanzierung dieser Gemeinschaftsaufgabe vorzunehmen. Jährlich wenden die Waldorfschulen bereits jetzt über 8 Mio. Euro für Lehreraus- und -fortbildung auf.

„Bei der Lehrerbildung geht es nicht nur um eine Finanzierungsfrage, sondern auch darum, wie wir das Spezielle der Waldorfpädagogik, unseren Markenkern, auch in Zukunft sicherstellen“, betonte dazu Hans-Georg Hutzel, Vorstandsmit­glied des BdFWS, der den teilnehmenden Mitgliedern für ihre Entscheidungsfin­dung Hinter-grundinformationen zum Thema bot. Der Bedarf an Waldorflehrern nimmt unter anderem durch das stetige Wachstum der Waldorfschulbewegung immer weiter zu. Der BdFWS hat deswegen auch schon vor geraumer Zeit eine Kampagne zur Lehrergewinnung gestartet (www.bildung-fuers-leben.de).

Als Akutmaßnahme beschloss die Versammlung, Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die einzelnen Ausbildungsstätten untereinander Kompetenzzentren für die Aus- und Weiterbildung der Oberstufenlehrer bilden können. Außerdem wurde bewilligt, das Studienplatzangebot der Freien Hochschule Stuttgart von 210 auf zunächst 245 Plätze zu erhöhen. Die Freie Hochschule Stuttgart hat ihr Studien­angebot im Zuge des Bologna-Prozesses bereits auf die staatlich anerkannten Abschlüsse Bachelor und Master of Arts umgestellt. Bei der nächsten Mitglieder­versammlung des BdFWS im März 2012 soll dann über den Ausbildungsstandort Mannheim beraten werden.

Dr. Albert Schmelzer vom Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkul­turalität in Mannheim verwies auf die Bedeutung innovativer Studiengänge in der Waldorflehrerbildung. Vielfalt bedeute auch, verschiedene Profile der Lehrerbil­dung zu realisieren, wie zum Beispiel die Vorbereitung auf den Unterricht an inklusiven oder auch interkulturellen Waldorfschulen.

Welch enormes Gewicht die Lehrerbildung auch finanziell hat, wurde besonders deutlich, als Geschäftsführer Thomas Krauch den Haushalt des BdFWS für das Jahr 2010/11 vorstellte. Von den rund 11 Mio. Euro umfasst die Lehrerbildung mit 8,3 Mio. den größten Posten, danach folgen die Personal- und Sachkosten in der Verwaltung mit 1,6 Mio. Euro. Diesen Haushalt bringen die Schulen jährlich gemäß einem nach Schülerzahlen berechneten Schlüssel auf.

Prof. Steffen Koolmann vom Institut für Bildungsökonomie, Mannheim und der Alanus Hochschule, Alfter erläuterte der Versammlung außerdem die Gesamt­bilanz der Waldorfschulen für das Jahr 2009. Insgesamt ergibt sich durch öffentli­che Zuschüsse, Elternbeiträge und sonstige Erträge ein Volumen von 563 Mio. Euro und nach Abzug der Sachausgaben an Dritte eine Wertschöpfung von 441 Mio. Euro. „Da die Zuschüsse seit 2003 im Verhältnis zur Bilanzsumme stetig sinken, müssen die Eltern dies durch ihre Beiträge kompensieren, die um 2,1 Prozent gestiegen sind“, so Koolmann.

Am Ende der Versammlung stand der Blick auf die internationale Waldorforgani­sation „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners“, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum feiert. 684 Waldorfeinrichtungen in der ganzen Welt seien in dieser Zeit gefördert worden, insgesamt hätten die „Freunde“ 67 Mio. Euro Finanz-mittel weitergeleitet, so Vorstandsmitglied Henning Kullak-Ublick. Auch hier ging es um eine Innovation in der waldorfpädagogischen Bewegung: Die vom „Freunde“-Team unter Leitung von Bernd Ruf entwickelte Notfallpädagogik, die traumatisierten Kindern nach Katastrophen wie in Haiti oder Fukushima hel­fen soll, zieht derzeit die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich. „Freunde“-Mit­begründerin Nana Göbel nahm den Dank der Versammlung für ihr jahrzehnte­langes Engagement zugunsten der weltweiten Waldorfbewegung entgegen. Sie hob das Weltinteresse der heutigen Schüler hervor, die Kinder der Globalisierung seien und appellierte an die Lehrer, diesen Funken im Unterricht nicht erlöschen zu lassen.

Bund der Freien Waldorfschulen e.V. Die derzeit 227 deutschen Waldorfschulen haben sich zum Bund der Freien Waldorfschulen e.V. mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen, wo 1919 die erste Waldorfschule eröffnet wurde. Die föderative Vereinigung lässt die Autonomie der einzelnen Waldorfschule unangetastet, nimmt aber gemeinsame Aufgaben und Interessen wahr.