Bildungsdaten und -analysen

Seit 1974 erscheint der Gesamtjahresabschluss der deutschen Waldorfschulen. Erstellt wurde er zuerst vom Arbeitsbereich Bildungsökonomie, dann vom Institut für Bildungsökonomie, in den letzten Jahren schließlich von der Abteilung Bildungsdaten und -analysen des Bundes der Freien Waldorfschulen. Mit der Organisationsform änderten sich auch die Aufgaben.

Der Gesamtjahresabschluss der deutschen Waldorfschulen liefert jährlich eine Momentaufnahme der wirtschaftlichen Situation der Schulen in den Bundesländern. Als Stichworte seien Anlagevermögen (vor allem das Schulhaus), Liquidität und Verschuldung aus der Bilanz sowie Zuschüsse der öffentlichen Hand, Elternbeiträge und Mitarbeitereinkommen aus der Ergebnisrechnung genannt. Jede einzelne Waldorfschule ist wirtschaftlich unabhängig. Sie wird im Rahmen eines Verwendungsnachweises (für die Zuschüsse) von den öffentlichen Stellen geprüft. Darüber hinaus besteht innerhalb der Waldorfschulbewegung der Wunsch nach Transparenz gegenüber der schulischen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit.

Voraussetzung für die Arbeit am Gesamtjahresabschluss ist das Vertrauen der Schulen, welches sich im Bereitstellen ihrer Jahresabschlüsse manifestiert. Eine Kurzdarstellung des Gesamtjahresabschlusses ist im Berichtsheft des Bundes der Freien Waldorfschulen veröffentlicht.

Die Entwicklung der Schülerzahlen zeigt seit 1945 ein deutliches Wachstum bei den Waldorfschulen auf knapp 90.000 Schüler:innen im Jahr 2019. Seit 1998 ist bei den Schüler:innen allgemeinbildender Schulen demografisch bedingt ein Rückgang zu konstatieren (Ausnahme 2016). 2019 geht jede:r 95. Schüler:in auf eine Waldorfschule. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land, Ost und West, die gesonderte Betrachtung aufbauender Schulen, heilpädagogischer Angebote und Fortschritte in der Inklusion bieten ein auch hier ein weites Feld für Analysen.

Waldorfschule braucht waldorfpädagogisch qualifizierte Lehrer:innen. Dafür gibt es eigene Hochschulen und Seminare. Deren finanzielle und andere quantifizierbare Aspekte bilden ein drittes Feld für Datenerhebungen und Analysen.

Demokratie – „nichts anderes als eine Soziotechnik zur Aufteilung von Macht und zur graduellen Verlangsamung von Entscheidungen“ (Matthias Horx)? Versachlichung von Diskussionen, innerhalb der Schulbewegung und in der Gesellschaft, dafür möchten wir einen Beitrag leisten. So könnten verlangsamte Entscheidungen an Qualität gewinnen und mehrere Akteure zufriedenstellen.

Oft scheint es so, als ob mit dem Schritt ins Wirtschaftsleben die Freiheit zurückbliebe. Das kann, muss aber nicht so sein. Die intensive Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen und den örtlichen Gegebenheiten kann ebenso gut neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.

Thomas Rohloff
Stuttgart im Oktober 2020