24.12.

Türchen 1

Heiligabend: Ein Blick in den Bienenstock

Liebe Menschen, die sich mit den Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen und -Kindertagesstätten in Deutschland, Europa und weltweit auf unterschiedlichsten Ebenen und in vielfältigen Rollen verbunden fühlen. Liebe Schülerinnen und Schüler und liebe Kinder weit und breit!

Wenn der Winter kommt und die Wiesen kahl, die Bäume leer und die Luft klar und kühl wird, verändert sich auch das Leben im Bienenstock grundlegend. Während die Bienen im Frühling und Sommer unermüdlich Blüten anfliegen, Nektar sammeln und Waben bauen, wird es in der kalten Jahreszeit still um sie. Doch still bedeutet nicht leblos – im Gegenteil, im Inneren des Stocks geschieht Faszinierendes.

Sobald die Temperaturen unter etwa 10 °C fallen, ziehen sich die Bienen eng zusammen und bilden die sogenannte Wintertraube. In ihrem Zentrum sitzt die Königin, gut geschützt von Tausenden Arbeiterinnen. Die äußeren Bienen halten Kälte ab, während jene im Inneren durch ständiges Vibrieren ihrer Flugmuskeln Wärme erzeugen. So schaffen sie es, selbst bei eisigen Außentemperaturen das Innere des Stocks auf etwa 20–25 °C zu erwärmen – eine erstaunliche Gemeinschaftsleistung.

Weil es im Winter keinen Nektar gibt, greifen die Bienen auf ihre Vorräte zurück: den Honig, den sie im Sommer gesammelt und sorgfältig eingelagert haben. Dieser dient als Energiereserve für die kalten Monate. Nur minimaler Nachwuchs wird jetzt gepflegt – das Überleben des ganzen Volkes hängt davon ab, dass alle sparsam mit ihren Ressourcen umgehen. Erst wenn die Sonne im Frühling wieder Kraft gewinnt, löst sich die Wintertraube auf, die Königin legt neue Eier, und das Volk beginnt erneut zu wachsen. In dieser winterlichen Ruhe liegt eine besondere Botschaft: Zusammenhalt, Fürsorge und gegenseitige Wärme sind die Kraftquellen, die auch uns Menschen durch die dunkle Jahreszeit tragen. So wie die Bienen füreinander sorgen, dürfen auch wir innehalten, teilen und danken – für das, was uns verbindet.

Ich wünsche Euch und Ihnen allen ein frohes und friedvolles Weihnachtsfest, stille Stunden der Geborgenheit und einen guten Start in ein neues Jahr voller Licht, Leben und gemeinsamer Stärke – ganz wie im Bienenstock.

Ihre Eva Wörner (Mitglieder im Vorstand, Bund der Freien Waldorfschulen)