Landwirtschaftspraktikum

In der 9. Klasse, wenn die seelische Pubertät an den Jugendlichen rüttelt, gibt das Landwirtschaftspraktikum (praktische Kompetenz) festen Boden unter den Füßen: die meist drei- bis vierwöchige Mitarbeit auf einem biologisch-dynamischen Bauernhof fordert den ganzen Menschen und lässt die Schüler:innen eindringlich erleben, wie mühevoll unsere tägliche Nahrung erarbeitet ist. Sie übernehmen eigenständig einen Aufgabenbereich, z.B. in der Tierversorgung oder in den Vorgängen rund um Ernte und Vermarktung. Dabei erlernen sie nicht nur einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, sondern sie finden auch wie von selber zu einem pflichtbewussten Tun, denn Tiere oder reife Feldfrüchte warten nicht. Viele kehren gekräftigt und frisch motiviert nach Hause zurück.
 

Um die Durchführung des Landwirtschaftspraktikums für alle Beteiligten zu vereinfachen, hat der Bund der Freien Waldorfschulen mit dem demeter e.V. eine Rahmenvereinbarung getroffen. Dazu gehören einige Anlagen und ein erklärendes Übersichtsblatt. Alle diese Dokumente finden sie unten zum Download.
 

Feldmesspraktikum

Im Feldmesspraktikum (theoretische Kompetenz) in der 10. Klasse werden die zuvor im Mathematikunterricht erarbeiteten Gesetzmäßigkeiten der Trigonometrie praktisch angewendet. Ein Gelände wird mittels hochempfindlicher Messgeräte nach allen Regeln der Kunst vermessen und anschließend kartographiert. Hier werden vor allem Genauigkeit, Geduld und Teamfähigkeit abverlangt, um am Ende zu brauchbaren Karten zu kommen. Unausweichlich offenbaren sich alle Ungenauigkeiten auf dem Papier. Dabei erfährt der:die Zehntklässler:in, dem:der die Welt widersprüchlich und oft genug wie ohne Zusammenhang erscheint, dass er.sie selber zuverlässige Orientierung gewinnen kann.

Sozialpraktikum

In der 11. Klasse entwickeln die Schüler:innen im Besonderen ihre seelischen Kräfte. Weltempfinden und tiefe Einfühlung in den Mitmenschen werden nun möglich. 

Das Sozialpraktikum (seelische Kompetenz) arbeitet mit diesen frei werdenden Qualitäten. Über einige Wochen übernehmen die Jugendlichen Aufgaben in einer sozialen Einrichtung und begleiten zum Beispiel Menschen mit Behinderungen in deren Lebensalltag. Dabei lassen sich die Schüler und Schülerinnen auf völlig neue Situationen ein, in denen neben einem wachen Verantwortungsbewusstsein auch die Fähigkeit, die eigenen Interessen zugunsten anderer zurückzustellen, ausgebildet wird.

 In diesem Praktikum leisten die Jugendlichen nicht nur einen sozialen Beitrag innerhalb unserer Gesellschaft, sondern erfahren auch, wie bedeutsam sich diese Hinwendung im Leben anderer Menschen auswirkt. Sie erkennen sich als Teil eines sozialen Ganzen und entwickeln so zunehmend mehr Bewusstsein für soziale Prozesse.

Betriebspraktikum

Ergänzend kann ein Betriebspraktikum (individuelle Kompetenz) angeboten werden, das Einblicke in die moderne Arbeitswelt vermitteln soll. Die jungen Menschen suchen sich selbständig einen Praktikumsplatz, schreiben zunächst Bewerbungen und erleben Vorstellungsgespräche. Einige Wochen lang erproben sie sich dann auf kaufmännischen, handwerklichen oder industriellen Arbeitsfeldern und sammeln dabei ihre ganz persönlichen Erfahrungen. Erste Berufswünsche können so ganz anfänglich Gestalt annehmen oder korrigiert werden.

In jedem Schuljahr öffnet sich also das Klassenzimmer und wird in besonderem Maße „welthaltig“. Den Jugendlichen ergeben sich neue Blickwinkel und Fragestellungen, die bereichernd in den Unterricht einfließen.

Constanze Hafner